Was vorher geschah: Der Schleichmeister

Dass wir überhaupt ein Katzenhaushalt wurden, haben wir dem Schleichmeister zu verdanken. Er war ein geselliger Kater, der eigentlich unserem Nachbarn gehörte und Anfang 2015 entdeckte, dass im Nebenhaus den ganzen Tag jemand zuhause war, während sein Hauptmensch sich um sieben auf den Weg zur Arbeit machte. Stück für Stück eroberte sich Schleichi daraufhin unser Haus. Er nutzte die offene Terrassentür, um sich ungesehen bis in den ersten Stock zu schleichen und ein paar Stunden auf dem Gästebett zu schlafen, und nach einiger Zeit machte er auch schon Klimmzüge am Fenster, wenn er hereingelassen werden wollte.
"Aufmachen! Ich will rein!"
Irgendwann stand seine Wasserschüssel in der Küche, und wir hatten ihn einen Platz auf dem Sofa freigeräumt. Gute Vorsätze wie "der Kater darf nicht auf den Tisch" oder "der Kater darf nicht ins Schlafzimmer" erledigten sich mit der Zeit von selbst. Schleichi war schließlich Teil unseres Haushalts, und als unser Nachbar uns Anfang 2017 eröffnete, nach Thailand auswandern zu wollen, boten wir uns als neues Zuhause für Rudi an, wie unser Schleichmeister offiziell hieß.
Im November 2017 bekam Rudi/Schleichi seine Katzenklappe bei uns, und wir waren selig und im siebten Himmel darüber, dass der beste Teilzeitkater von allen nun ein Vollzeitkater werden sollte.
Aber das sollte dann nicht mehr sein - zwei Wochen später wurde Schleichi krank und starb ganz unerwartet, zwei völlig fassungslose Teilzeit- und einen ebenso erschütterten Hauptmenschen zurücklassend. Der schrieb mir wenig später: "... wenn wir auch sehr traurig sind, so glaube ich doch, dass Sie an eine Zukunft mit einem anderen Vierbeiner denken sollten. Bestimmt wäre es in seinem Sinne, wenn Sie einer anderen Pfote seinesgleichen, ein gutes, geborgenes Zuhause geben würden." Das nahmen wir als Zeichen.
Der Schleichmeister wird unersetzlich bleiben - er war der entspannteste, gemütlichste, geduldigste und charmanteste Kater, den man sich vorstellen kann. Er versorgte uns mit leckeren Spitzmäusen (drinnen wie draußen), zeigte uns, dass es in unserem Garten Eidechsen und Blindschleichen gibt, machte uns klar, dass man in einem Katzenhaushalt keine Türen schließt und dass die Fußbodenheizung im Bad am besten rund ums Jahr an sein sollte, er leistete mir im Büro Gesellschaft und war schlicht der beste Gefährte aller Zeiten.
Sherlock und Loki treten ein schweres Erbe an - aber sie sind ja auch zu zweit.