21. April 2021

Erleichterung


Letzter Besuch in der Tierklinik, und die Zahnfleischentzündung ist mit dem Antibiotikum tatsächlich abgeklungen. Das Zahnpflegegel haben wir Loki zwar auch allabendlich ins Maul geschmiert, aber auch, wenn er sich nach ein paar Tagen nicht mehr so sehr dagegen gesträubt hat, war das in den seltensten Fällen eine besonders zielgerichtete Aktion. Jedenfalls ist die drohende Forl-Erkrankung erst einmal wieder vom Tisch - es ist dann doch wahrscheinlicher, dass die Entzündung von seiner Caliciviren-Infektion ausgelöst worden ist. Die Ärztin, die ihn dieses Mal untersuchte, meinte außerdem, dass sie angesichts der Ultraschallbilder auch kein so großes Risiko für eine Operation mit Narkose sehen würde; das hat mich sehr erleichtert.

Ohnehin sehen die Bilder wohl nicht so dramatisch aus, vor allem sei der Vorhof noch schön klein. Die Ärztin wunderte sich daher auch über seine dramatische Erkrankung vor eineinhalb Jahren - eigentlich, sagte sie, hätte er bei der Symptomatik gar keine so starke Atemnot entwickeln sollen. Ob er denn vorher krank gewesen sei? Wie ich dann erfuhr, ist es durchaus möglich, dass durch die Bauchspeicheldrüsenentzündung, die er kurz vorher hatte, ein Nerv, der sich durch den Bauchraum zieht, gereizt wurde und für einen Blutstau im Vorhof gesorgt hat, der dann das Herzversagen ausgelöst hat. Diesen Zusammenhang hat bisher noch niemand gesehen. Eine leichte Herzwandverdickung ist trotzdem da, die hässliche Diagnose der hypertrophen Cardiomyopathie bleibt. Es würde aber vielleicht erklären, warum sie sich bei Loki so früh und so heftig bemerkbar gemacht hat, während sie normalerweise eher ältere Katzen betrifft.

Das macht uns ein bisschen hoffnungsvoll, nachdem die Prognose für ein Tier von nur zweieinhalb Jahren mit HCM damals ziemlich niederschmetternd war. Offenbar ist die Verdickung weniger stark ausgeprägt als bisher gedacht. Daher sollen wir jetzt probeweise die Entwässerungstabletten ganz weglassen, und auch das Thromboserisiko ist so nicht so groß wie befürchtet. Ab jetzt also: nur noch eine halbe Herztablette jeden Tag, immer schön die Atemzüge zählen und gucken, ob er ohne zurechtkommt. Das ist so eine gute Nachricht ...  

Loki freut sich vor allem, dass die Tierarztbesuche erst einmal wieder vorbei sind. Nachdem er sich das erste Mal relativ wiederstandslos hatte verhaften lassen, hatte er sich die letzten Male bis unters Sofa verkrochen, sobald er merkte, dass die Katzenklappe zu war und die Decke von der Transportkiste verschwunden war. Was angesichts der Tatsache, dass die Lücke zwischen Möbel und Teppich nur sieben Zentimeter misst, eine reife Leistung ist - und außerdem erfordert, dass der Mensch das Sofa über ihm auseinanderbaut, um ihn aus seinem Versteck zu holen. Glücklichweise fügt sich Loki  dann in der Regel ergeben in sein Schicksal ...

14. April 2021

Kein Übelnehmer

 

"Hmmm, deine Finger sind lecker, Mensch! Könnte ich stundenlang ablecken! Es sei denn natürlich, da klebt dieses eklige Zeug dran, das so komisch schmeckt, und das du mir jetzt jeden Abend ins Maul schmierst. Fand ich vorhin überhaupt nicht lustig, hast du ja wohl gemerkt! Blutet dein Finger noch? Nee, oder? Siehste. So grob war ich ja gar nicht. Und ich habe den Angriff auch schon wieder vergessen. Wir sind doch Kumpels. Aber das kannst du allmählich wieder lassen ..."

Blutzoll

Zweiter Versuch mit dem Zahnpflegegel. Glücklicherweise klettert Graf Katz ja voller Begeisterung immer mal wieder auf der Arbeitsplatte in der Küche rum, und auf dem Herd ist die Beleuchtung perfekt und außerdem genug Platz für eine konzertierte Überwältigungsaktion: Der Außer-Haus-Mensch hält den Kater fest, der Büromensch versucht mit einer Hand, das Katermäulchen aufzuklappen, und mit der anderen Hand eine ordentliche Portion Gel einmal ringsum überall ans Zahnfleisch zu schmieren. Während Her Loki mit aller Kraft zappelt und schnappt und krallt, versteht sich. Heute ging's auch nicht ganz unfallfrei ab - der Kater wollte Blut sehen -, aber das Gel ist drin, und Loki ist nicht mal dauerhaft beleidigt. Inzwischen sieht er das offenbar als eine Art Kampfspiel. Mal gucken, wie die Menschenhände zum Ende der Woche so aussehen.

8. April 2021

Zähnchen


Beim Herzultraschall hatte die Ärztin bereits festgestellt, dass Loki ziemlich entzündetes Zahnfleisch hat, und zu einer gründlicheren Untersuchung geraten, vielleicht sogar mit Röntgen und OP. Heute waren wir also noch mal in der Tierklinik zum Check - und Loki war sogar einigermaßen guter Dinge, ließ sich ohne großen Widerstand in seine Transportbox verpacken und entspannte sich während der Wartezeit sogar soweit, dass er ein kurzes Nickerchen wagte. Es ist für ihn gar nicht so übel, dass aufgrund der Pandemie aktuell im Auto auf dem Parkplatz gewartet wird - also ohne hechelnde Hunde, laute Geräusche und irritierende Gerüche, ganz gemütlich mit dem vertrauten Menschen, der Radio hört, was er zuhause schließlich auch macht.

Die Untersuchung ergab tatsächlich viel Zahnstein und reichlich Entzündung. Normalerweise hätte man uns zu einer Zahnsanierung geraten, die aber mit einer einstündigen Narkose einhergeht, und das ist für unseren kleinen Herzpatienten ziemlich riskant. Außerdem lässt Loki bisher nicht erkennen, dass ihn das beeinträchtigt; sein Mundgeruch war zwischenzeitlich sogar einmal fast weg. Sein Fressen schmeckt ihm, und er kaut immer noch mit so viel Begeisterung auf jedem Zweig, Ast, Seil, Karton, Korbgriff oder Menschenfinger herum, dass wir uns kaum vorstellen können, dass er im Maulbereich schlimme Schmerzen hat. Daher will die Ärztin es jetzt erst einmal mit einem Präparat zur Stärkung der Immunabwehr probieren - es ist schließlich gut möglich, dass die Caliciviren, die bei Loki schon vor Jahren festgestellt wurden, an den Entzündungen schuld sind. 

Außerdem sollen wir ihm die "Zähne putzen" - also eine Creme auf die Fingerspitze tun und ihm damit das Zahnfleisch einreiben. "Sie sehen ja, er lässt das ganz willig mit sich machen", hieß es dazu. In der Praxis auf dem Untersuchungstisch erstarrt Loki aber ja gewöhnlich auch völlig. Auf dem heimischen Küchentisch wird das vermutlich anders. Aber wir werden es auf alle Fälle mal probieren.

Wieder zuhause verkroch Loki sich kurzzeitig in einem neuen Versteck unterm Dielenschrank im ersten Stock, arbeitete sich aber nach fünf Minuten wieder darunter hervor und ging dann erst einmal eine Runde um den Block. Offenbar hat er uns das T-Wort heute nicht zu sehr übelgenommen.

Katze - Mensch, Mensch - Katze

"Äääck! - Eeeeck!"
Dass es mit unserem Kätzisch noch nicht so weit her ist, hatten wir ja öfter schon einmal festgestellt. Ein bisschen verstehen können wir Loki immerhin schon - vom zufriedenen "Gurr!", mit dem er einem mit humanoider Unterlage gepolsterten Sessel entert, über das klagende "Maaaauuuu!", mit dem er seinen Menschen ein schlechtes Gewissen machen will, weil sie um zehn nach sechs nicht sofort aus dem Bett springen, um Graf Katz sein Frühstück zu kredenzen, das empörte "Äääck" oder "Eeeeck", mit dem er deutlich macht, dass schon vor mindestens zwei Stunden Futterzeit hätte sein sollen, das triumphale "Eeeooowwww!", das die Heimkehr des erfolgreichen Jägers ankündigt, bis hin zu dem leicht abgewandelten, sehnsüchtigen "Eeeooww", das Heimkommen ohne Beute signalisiert, haben wir uns schon ein kleines Vokabular erarbeitet. 

Mit dem Antworten klappt es noch nicht so recht, aber Loki versteht ja auch mittlerweile die entscheidenden Wörter der Menschensprache. Auf seinen Namen hört er einigermaßen (wenn in Aussicht steht, dass es was zu Fressen geben könnte jedenfalls), und er weiß genau, was "Frühstück" bedeutet. Genauso versteht er auch "gleich" (das Wort, das er vermutlich am meisten hasst), "NEIN!" (in freier Interpretation als "okay, die Zweibeiner sind nicht begeistert, aber was geht mich das an") sowie "ohne Krallen, Loki" (ebenso) beziehungsweise "Aua!" ("die Zweibeiner sind wirklich echt so gar nicht begeistert, wie doof ist das denn"). Auf "komm!" kommt er tatsächlich, meistens zumindest. "Käse" und "Stäbchen" hört er auch in mehrgliedrigen Sätzen ohne besondere Betonung heraus, ebenso das T-Wort, das wir allerdings auch schon gar nicht mehr benutzen, wenn er dabei ist. Inzwischen hat er aber auch begriffen, dass "Termin" auch ein T-Wort sein kann. Da müssen wir uns jetzt noch was einfallen lassen.

5. April 2021

Anpassung


"Wolltest du hier noch rein?
Zu spät, Mensch! Hier liege
ich jetzt!"
"Duuu, Sherlock! Bist du da? - Ach, das ist aber schön ..."
Klar, kleiner Loki. Was ist denn los? Du sitzt hier vor der Tür?
"Muss ich ja! Das ist ganz doof im Moment, die Menschen haben Ferien, und dann stehen sie spät auf ... und statt mit mir was zu machen, wenn ich von meiner Morgenrunde reinkomme, ist die doofe Schlafzimmertür zu ..."
Das war doch früher gar nicht so. Warum machen sie denn das auf einmal?
"Weiß ich auch nicht. Gestern war sie noch offen, da bin ich gleich mit Schwung aufs Bett und wollte den Menschen nur sagen, steht mal auf oder macht mal Platz, ich will hier eine Runde Steppdecken-Trampolin spielen, und dann habe ich mich beim Büromensch unters Kissen gedrängelt, und sie sind dann auch tatsächlich aufgestanden. Heute würde ich das ja auch gerne, aber ..."
Ah. Du meinst, es gab da einen Interessenskonflikt zwischen erholungsbedürftigen Zweibeinern und energiegeladenen Vierbeinern. Offenbar wollen sie da heute vorbauen.
"Du, aber das ist doch gar nicht schön. Sie machen jetzt dauernd irgendwelche Türen zu. Gestern zum Beispiel die von der Küche. Sie haben wieder stundenlang was da drin gemacht, und ich durfte nicht dabei sein, dabei roch das so lecker!"
Das war aber doch schon immer so. Wenn sie kochen, dann wollen sie sichergehen, dass du dir nicht die Pfoten am Herd verbrennst oder mit einem halben Kilo Filet in den Keller spurtest.
"Pffff. Als ob ich das täte."
Der Büromensch hat dich mal bis unters Bett im Gästezimmer verfolgt, als du ein Riesenstück Käse geklaut hattest.
"Das ist doch schon ewig her! Da warst du doch sogar noch dabei! Das ist verjährt!"
Und wer hat neulich das Zungenmuster auf der Schokoglasur vom Marmorkuchen gemacht?
"Keine Ahnung. Was ist überhaupt Marmorkuchen?"
Weißt du ganz genau.
"Jedenfalls finde ich, in letzter Zeit gewöhnen sich die Menschen ganz komische Sachen an. Zum Beispiel, dass sie abends gar nicht ins Wohnzimmer kommen und ihrem Kater die passende Unterlage auf dem schönen Drehsessel bieten, sondern ewig in der Küche sitzen bleiben und stundenlang Musik hören. Und was für ein grässliches Zeug manchmal dabei ist, so laut und krachig oder mit irgendwelchem schrägen Geräuschen drin, hu ... Das kribbelt in den Ohren! Am schlimmsten sind diese Pink Floyd, oder wie die heißen."
Ah, von denen hat der Schleichmeister schon mal erzählt, der mochte die auch nicht. Meine Mettenhöfer früher haben eher so wummeriges Zeug gehört, das mögen unsere Menschen aber ja gar nicht.
Loki weiß nicht wirklich zu schätzen, dass er seinen
eigenen Stuhl in der Küche bekommt, und nimmt an
abendlichen Sessions eher mit dem Gesicht eines
Aufsichtsratsvorsitzenden nach dem Kurssturz der
Unternehmensaktie teil ...

"Nee. Sowas läuft bei Nachbars, damit wird Max beschallt. Vielleicht ist der deswegen so plemplem. - Aber egal, was die für Musik hören, das könnten sie doch auch im Wohnzimmer machen, so sitz ich da ganz alleine und nicht mal der Fernseher ist an ..."
Du bist wirklich arm dran, kleiner Loki. 
"Hähä. Auf deinen Spott kann ich gut verzichten."
Komm, mal ehrlich - sie haben dir doch sogar einen Stuhl mit Kissen hingestellt, damit du bei ihnen sitzen kannst.
"Das ist aber ja nicht dasselbe! Ich wollte auf einen Schoß! Habe ich auch ausprobiert, beim Büromensch, dreimal bin ich im Kreis auf ihren Beinen rumgeklettert, aber der Winkel stimmte überhaupt nicht, es gab auch keine Lehne an der Seite, da wäre ich doch weggerutscht! Und wenn ich meine Krallen zum Festhalten genommen hätte, dann hätte es wieder geheißen, nein, Loki, ohne Kralle, denk daran, dass die Menschen dünne Haut haben ..."
Du meine Güte, du bist aber auch verwöhnt inzwischen.
"Na und? Du sagst doch auch immer, als Katze muss man seinen Haushalt im Griff behalten!"
Aber natürlich so, dass die Zweibeiner das nicht merken, Loki.
"Hm. Du meinst, ich sollte mich ein bisschen einschleimen, wenn die Tür wieder aufgeht?"
Genau. Am besten auf richtig niedlich machen. Kuschel dich zwischen ihnen ein, roll dich kittenmäßig zusammen, und am besten schnarchst du noch ein bisschen, aber das tust du ja sowieso.
 "Du hast früher auch geschnarcht. Alle Kater schnarchen."
Ja, ich glaube, das stimmt. 
"Aber du hast recht, die Menschen lieben das. Die lächeln dann immer ganz verzückt und sagen: Hör mal ..."
Siehste. Jetzt mach dich mal ein bisschen bemerkbar.
-- KratzkratzKRATZKRATZKRATZ ...
"Ich probier's mal. Dass man sich aber auch immer so anpassen muss, wenn man mit Menschen Spaß haben will ..."
Isso, kleiner Loki. Für ein warmes Zuhause, lecker Futter und ein bisschen Aufmerksamkeit ist das doch auch nicht zu viel verlangt ...