31. Januar 2018

Katerbacken


"Katerbacken? Na und?"

Nachdem mich bei meiner Tour durch die Nachbarschaft alle Katzenhalter gefragt haben, ob dieser graue Rambo denn eigentlich kastriert ist, war ich gestern zwecks Überprüfung mit Sherlock bei unserer Tierärztin.
Erster Befund: Auf den ersten Blick beziehungsweise Griff ist tatsächlich nichts mehr da. Allerdings zeigt er auch ihrer Meinung nach eine Menge Anzeichen eines nicht kastrierten Herrn, angefangen mit seinem aggressiven Verhalten draußen und seinem lammfrommen Verhalten drinnen bis zu seinen mächtigen Katerbacken. Da es wohl gelegentlich vorkommt, dass ein Hoden "verrutscht", im Bauchraum liegt und bei der Kastration nicht erwischt wird, haben wir jetzt einen Bluttest machen lassen, um den Hormonspiegel zu überprüfen.

Bis das geklärt ist - und bis der GPS-Tracker da ist, den er sich dann hoffentlich nicht gleich abstreift, bei einem Kampf verliert oder der hier in unserer Funkloch-Provinz keinen Empfang hat -, hat Sherlock erst einmal Hausarrest. Das hat sich für alle Beteiligten als echte Nervenprobe erwiesen. Loki hatte sich gerade dran gewöhnt, dass er alle Aufmerksamkeit (und alles Futter) allein bekommt, und er macht jetzt keinen Hehl daraus, dass er auf den Großen auch gut verzichten könnte. Will heißen, während Sherlock nach der Klinke der Haustür hangelt, beißt ihn der Kleine in den Schwanz. Oder er rennt in Gepardengeschwindigkeit an ihm vorüber, wenn Sherlock sich gerade mal hingelegt hat, und versetzt ihm einen ordentlichen Klaps. Sherlock hat nun zwar alle Kater der Umgebung kräftig verdroschen, aber Loki bekommt trotz dieser unausgesetzten Nerverei allenfalls einen kleinen Backs. Glücklicherweise; wenn Sherlock, der doppelt so viel wiegt wie Mr. Krawallo, ihm ernstlich ans Fell wollte, hätten wir ein echtes Problem.

Sherlock selbst will nur eins: wieder raus. Er frisst wenig, sitzt dafür wahlweise vor der Terrassentür, der Haustür oder der verrammelten Katzenklappe und maunzt. Wenn man denn herzerweichendes Geschrei von mindestens 70 db noch so nennen will. Die Katzenklappenblockade mussten wir mittlerweile schon ersetzen, weil er das Kissen halb zerlegt und halb aus dem Spalt zwischen Tür und Tisch gezogen hatte; jetzt steht ein schwerer Bücherkarton davor. Gemaunzt hat er jedenfalls die halbe Nacht, und das unausgesetzt. Seine beiden Menschen sind von daher heute auch ein kleines bisschen aufgeraut.

Immerhin ist der Tracker laut Lieferant schon auf dem Weg, ebenso wie ein chipgesteuerter Fressnapf. Gerade jetzt, wo Sherlock so wenig fressen mag, würden wir ihm gern etwas Futter hinstellen, das er sich holen kann, wenn er mag, aber das ist leider mit Loki nicht zu machen, nach dessen Verständnis es etwas wie einfach so rumstehendes Futter nicht gibt. Auch später, wenn Sherlock wieder Freigang hat, wäre es gut, wenn er wüsste, dass er hier immer etwas zu fressen vorfinden kann, das erhöht vielleicht den Reiz, wieder hierher zu kommen und sich nicht dauerhaft bei Nachbars einzurichten, die eine ausschließliche Draußenkatze haben, für die dort auch immer Futter steht. Dieses chipgesteuerte Wunderteil soll sich nur für ein spezielles Tier öffnen, jetzt hoffen wir mal, dass das auch funktioniert.

Aber bei allem Stress, den wir einstweilen mit dem Arrangement noch haben - als wir heute Morgen die Schlafzimmertür öffneten, hatte Sherlock trotz alledem richtige Schmuselaune, kam zu uns gelaufen, ging uns um die Beine, stupste uns mit dem Kopf an und schnurrte, und das lässt uns darauf vertrauen, dass wir uns irgendwann einmal wirklich als gutes Team zusammenraufen und eine wunderbare Zeit zusammen haben werden.