12. März 2018

Keinen Hunger

"Leute, mir geht's nicht so, lasst mich doch alle mal ..."

Sherlock war ja immer schon heikel, was das Fressen betrifft, aber als er am Wochenende dann gar nichts mehr zu sich nehmen wollte und sich die meiste Zeit in seinem Spieltunnel verkrochen hat, sind wir Samstag mit ihm zum Tierärztlichen Notdienst. Blutwerte und Röntgenbild waren unauffällig (die werden uns dann nur auf dem Kontoauszug auffallen), und nach einer Adrenalinspritze und mit einer Flasche Astronautennahrung wurden wir erst einmal wieder verabschiedet - er sei in einem guten Allgemeinzustand, und wenn es nicht besser würde, sollten wir zu seiner Hausärztin.

Sein Büromensch unternahm dann am Sonntag den heldenhaften Versuch, einem sich ziemlich entschlossen sträubenden Kampfkater mit einer Spritze dieses Aufbauzeugs ins Maul zu befördern. Das klappte so einigermaßen; Sherlock bemühte sich zwar, dem Ringergriff seines Menschen mit heftigem Rückwärtsrudern zu entkommen, fuhr aber beim Wegschieben mit der Pfote nicht einmal die Krallen aus und versuchte auch nicht zu beißen. Anschließend fraß er dann tatsächlich auch wieder ein bisschen, was uns doch sehr erleichert hat.

Heute Morgen war es damit aber schon wieder vorbei, also war der Tierarztbesuch dann doch unvermeidlich. Sherlock hielt sich ganz tapfer und ließ sich auch einigermaßen festhalten. (Wenn ich bedenke, welche Scheu ich vor zwei Monaten noch vor diesem Kraftpaket hatte, sind wir inzwischen wirklich schon vertraut miteinander ...) Die Tierärztin vermutet eine Rachenentzündung, hat ihm Tabletten und noch eine Spritze gegeben und allgemein zu einer Umstellung beim Futter geraten. Jetzt müssen wir abwarten. Erst einmal scheint die Spritze gewirkt zu haben: Als wir nach Hause kamen, steuerte Sherlock sofort auf seinen Fressnapf zu, knabberte das Trockenfutter aus dem Automaten weg und ließ sich danach die kleingeschnittenen Hühnerherzen schmecken, die er vorher genauso verschmäht hatte wie die Tunfischleckerlis. Wir hoffen jetzt, dass er wirklich auf dem Weg der Besserung ist.

Besonders verblüffend und irgendwie auch fürchterlich rührend: Da hat ihn sein Mensch jetzt schon zum zweiten Mal binnen kurzer Zeit in seinen Transportkorb gesteckt und ins Auto verladen (wo Sherlock jedesmal nach exakt sechs Minuten mit einem kläglich-leisen "Mauuuu-mauuuuu-mauuuu"-Konzert beginnt), um ihn irgendwohin zu bringen, wo ihn blöde Hunde beschnuppern oder anbellen, und wo er danach auf einem Tisch aus seiner Kiste gezerrt und gepiekt wird und man ihm komische Wattestäbchen ins Maul steckt, von der entwürdigenden Prozedur beim Fiebermessen gar nicht zu reden - unser großer Grauer ist so anhänglich und schmusig wie nie und folgt dem Büromensch schon den ganzen Tag von einem Zimmer ins andere. Ein Übelnehmer ist er jedenfalls nicht - oder er weiß, dass wir ja wirklich nur sein Bestes wollen ...