Damit ist der kleine Krawallo offiziell erwachsen, und tatsächlich merkt man das auch. Noch bis vor kurzem zeichnete sich unser unruhiger Wibbel dadurch aus, dass sein Schwanz keine Sekunde lang ruhig blieb, sondern stets in neugieriger Aufregung hin und her ging. Inzwischen trägt er seine Rute zwar immer noch am liebsten in interessierter Fragezeichenstellung hoch erhoben, und er geht seinen Menschen auch immer noch gern um die Beine, wenn die sich in die Küche verirren. Aber er bleibt auch schon mal gemütlich auf seinem Aussichtsposten an der Wohnzimmertür liegen, wenn er gerade erst gefüttert wurde. Und vorgestern hat er - zum ersten Mal, wenn ich mich recht erinnere - sein Trockenfutter mittags nicht gleich komplett vernichtet, sondern sich eine kleine Portion übriggelassen, um die eine Stunde später aufzufressen.
Nach fast eineinhalb Jahren bei uns hat Loki sich entspannt. Inzwischen kann man ihn einigermaßen verletzungsfrei aus der Hand fressen lassen, und er krallt nicht mehr nach seinen Menschen, sobald die etwas Essbares in seine Nähe bringen. Wir dürfen in seiner Anwesenheit auch an einem niedrigen Tisch essen, ohne dass er sofort etwas zu klauen versucht; ausgedehnte Frühstücke mit Freunden, die vor einem Jahr noch richtig problematisch waren, sind inzwischen für alle Beteiligten völlig stressfrei. Loki hat gelernt, auf höhere Schränke und über Zäune zu springen, und die kleinen Malheurs, die uns im ersten halben Jahr unseres Zusammenlebens noch regelmäßig dazu brachten, unsere Badematte zu waschen, sind schon lange Geschichte.
Mein Mensch! Mein Sessel! Mein Reich! |
Mein Aussichtsplatz! Hier habe ich alles im Blick! |
Loki ist ein Kater von festen Gewohnheiten geworden: Morgens, wenn die Klappe um fünf aufgeht, macht er erst einmal eine kleine Runde durch die Nachbarschaft. Nach dem Frühstück verbringt er den Tag wechselweise draußen im Garten oder gemütlich auf einem Aussichtsposten im Wohnzimmer, holt sich gegen zehn Uhr, wenn der Büromensch Kaffee macht, sein Knabberstäbchen ab, und gegen Mittag findet er sich in der Küche ein, um auf keinen Fall zu verpassen, wann der Mensch oder der Automat die nächste Mahlzeit serviert. Zwischen seinen Ausflügen lässt er sich eigentlich immer alle ein oder spätestens zwei Stunden wieder einmal drinnen blicken; wir vermuten, dass sein Radius gar nicht so groß ist, sondern vor allem die angrenzenden Gärten umfasst. Er trägt noch immer den kleinen Sender, der etwa 80 Meter Reichweite hat, und in den allermeisten Fällen haben wir ihn von der Terrasse aus mit dem Suchgerät anpeilen können, wenn er sich einmal verspätet hatte.
Meine Haustür! Ha, ich hatte viel schneller raus als Sherlock, wie die funktioniert! |
Zwar ist Loki allgemein sehr vorsichtig und leicht zu erschrecken, aber Menschen gegenüber ist er sehr aufgeschlossen und neugierig; überhaupt ist er im Haus und im Garten immer sehr interessiert daran, was seine Zweibeiner gerade machen (vor allem, wenn sie eine Gießkanne in der Hand haben und er die Möglichkeit bekommt, mit Wasser zu spielen). Im Gelände tut er allerdings auch gern mal so, als ob er seine Dosenöffner überhaupt nicht kennt, wenn gerade alles andere spannender ist. Mit seiner Nemesis Moby, vor dem er sich zu Anfang sehr gefürchtet hat, hat er sich inzwischen einigermaßen arrangiert - wenn der alte Herr bei uns auf der Terrasse schläft, schleicht Loki seit neustem recht unbeeindruckt an ihm vorbei.
Meine Terrasse! Mein Revier! Mein Platz - wenn Moby nicht da ist ... |
Gelegentlich schlägt seine Eifersucht noch durch: Wenn Sherlock zu viel Aufmerksamkeit von seinen Menschen bekommt, muss Loki dazwischengehen. Sherlock hat inzwischen aber raus, wie er sich seine Streicheleinheiten zu Zeiten holt, in denen der Krawallo gerade unterwegs ist. Ansonsten ist Loki aber der freundlichste und liebenswerteste Kater, den man sich nur wünschen kann - nie zickig, nie divenhaft, immer für ein kleines Abenteuer zu haben.
Schön, dass es dich gibt, kleiner Mann!