11. Juli 2019

Gleichberechtigung

Die traute Eintracht täuscht: Loki und
Sherlock kämpfen nach wie vor
immer wieder um ihr Revier.
Seit die Tierärztin überlegt hat, ob Lokis Eifersuchtsangriffe Sherlock doch mehr zusetzen als gedacht, passen wir ein bisschen darauf auf, dass unser großer Grauer etwas mehr Ruhe bekommt. Wir versuchen, Loki abzulenken, wenn er den Kratzbaum mit viel Krawall entert, um Sherlock oben im Nest die Pfote auf den Kopf zu hauen. Das passiert eh meist aus Langeweile oder Frust über die Tatsache, dass es noch keine Futterzeit ist; dem kann man daher ganz gut entgegensteuern.

Etwas schwieriger ist es, Loki an den Gedanken zu gewöhnen, dass auch Sherlock ein Recht auf die gemütlichen Liegeflächen im Haus hat. Meist hält er sich ja im Arbeitszimmer im ersten Stock auf, wo ihm die hoch gelegenen Schlafplätze ein gewisses Maß an Zurückgezogenheit garantieren. Gestern Abend, während Loki zu seinem üblichen After-Dinner-Streifzug aufgebrochen war, kam Sherlock allerdings von der Arbeit ins Wohnzimmer geschlendert, machte sich erst einmal genüsslich über sein Futter her (nach seinen Fastenwochen freut es uns immer wieder besonders, wenn er einfach so zum Napf geht und mit Appetit frisst) und ließ sich dann vom Büromenschen aufs Sofa locken. Zwar blieb er die erste halbe Stunde noch in Habachtstellung mit unterschlagenen Vorderpfoten liegen, entspannte sich aber irgendwann und genoss es, sich am Kopf und am Bauch kraulen zu lassen.

Um halb neun meldete sich dann auch Loki zurück, wurde erfreut begrüßt (immer schön, wenn er abends von selbst wieder nach Hause kommt, ohne dass wir ihn rufen oder mit dem Peilsender orten müssen) und wollte sich daraufhin zu seinen Menschen legen. Und sah Sherlock auf dem Sofa. Nicht auf einem seiner favorisierten Plätze, aber trotzdem war seinem Gesicht anzusehen, dass er mit dieser Entwicklung der Dinge nicht einverstanden war. Der nächste Schritt war natürlich, sich sprungbereit zu machen, um den Eindringling zu vertreiben, aber wir hielten Loki sanft fest, dirigierten ihn in eine andere Richtung, und nach mehreren gescheiterten Versuchen sprang er schließlich mit einer Miene wie Donnerwetter zum Außer-Haus-Menschen, tretelte fünf Minuten auf eine unschuldige Wolldecke ein und rollte sich schließlich schwer beleidigt auf seinem Stammplatz zusammen. So richtig anfassen und streicheln lassen wollte er sich nicht. Sherlock hielt tatsächlich noch eine Weile weiter auf dem Sofa aus - normalerweise führen solche Stresssituationen dazu, dass er sich davonschleicht - und brach erst gut zwanzig Minuten später zu seiner nächtlichen Pirsch auf.

Heute Morgen hatte Loki uns dann wieder verziehen. Ob wir damit langfristig eine Verhaltensänderung bewirken, wissen wir noch nicht, aber wir hoffen zumindest, dass ein kleines bisschen davon hängenbleibt ...