14. Januar 2020

Alltag

Wir nennen ihn Graf Katz, wenn er so guckt.

"Leute, ich bin vielleicht froh, dass diese Weihnachtstage jetzt vorbei sind und bei uns alles wieder so läuft wie immer. Hier war ja was los, mit Party und Besuch und ganz vielen Leuten, die ich nicht kannte ... und das mag ich ja nun mal nicht so. Unsere Besuchsfrau, die immer strickt, die ist nett, gegen die hatte ich nichts, auch wenn sie in meinem Sessel gesessen hat. Aber seit hier so viel Unruhe war, ziehe ich mich vorsichtshalber immer erst mal zurück, wenn es an der Tür klingelt und jemand kommt. Man weiß ja nie. Entweder, ich husche ganz schnell nach draußen, oder ich gehe in den Keller. Da haben sie es mir ja auch sehr gemütlich gemacht, und da muss ich eh immer meine Kontrollrunden drehen - mein Büromensch mag ja keine Spinnen, und die kann ich mit meinen großen Pfoten prima plattmachen, wenn ich eine sehe.

Aber ich mag es total, dass wir jetzt wieder unsere Routine haben. Na gut, man könnte auch da noch was verbessern: Dass die Menschen sich morgens immer erst in Ruhe anziehen, bevor sie mit mir in die Küche runtergehen, das muss doch nicht sein! Ich könnte doch auch sofort was bekommen! Und die Klappe könnte auch früher auf sein als um sieben. Aber ich weiß ja, eigentlich soll ich im Dunkeln gar nicht raus, und um sieben ist es noch ganz schön finster, da kommen sie mir schon entgegen, dass ich nach dem Fressen gleich ins Beet darf. Meist komme ich aber auch ziemlich zügig wieder rein, gerade, wenn ich mir noch ein paar Happen Futter übriggelassen hatte.


Tagsüber klettere ich sowieso ganz viel rein und raus. Das Wetter ist sowas von eklig zurzeit ... Regen macht mir nicht so viel aus, Wasser mag ich, aber wenn es so kalt ist - hu! Das ist fies! Wenn der Büromensch zur Arbeit geht, komme ich erst mal mit, denn dann gibt es noch eine Handvoll Dreamies auf dem Kratzbaum, und danach lege ich mich erst mal eine Runde ins obere Nest und lasse mich streicheln. Dann wieder Reviercheck - nicht, dass Moby denkt, er könnte sich in meinem Garten breitmachen - und so gegen halb zehn gucke ich, ob der Büromensch Kaffee kocht, denn dann ist "Stäbchenzeit" - da gibt es so ein langes Stück getrocknetes Fleisch, das mag ich total gerne, lieber noch als Dreamies! Diese Dinger bringt immer unsere Donnerstagsfrau mit, die übrigens die einzige ist, vor der ich mich nicht vorsichtshalber in Sicherheit bringe, wenn sie kommt.

Um eins gibt es Mittagessen mit Trockenfutter. Danach drehe ich noch ein, zwei kurze Runden, aber so nach halb vier oder vier habe ich auf den Garten keine Lust mehr, dann schlafe ich auf dem Sofa oder auf meinem schönen Ausguck im Erkerfenster, oder ich leiste dem Büromensch Gesellschaft, da ist ja auch so ein schöner Fensterplatz. Und ab fünf muss ich sie ja auch aktiv daran erinnern, dass es um sechs wieder was zu fressen geben sollte. Bei Menschen weiß man ja nie, ob die das sonst vergessen würden! In letzter Zeit habe ich öfter mal probiert, ob es die Sache beschleunigt, wenn ich sie ganz zart in die Hacken beiße. Hat bisher nicht geklappt, aber vielleicht kommt das noch.

Nach dem Abendessen ist auch der Außer-Haus-Mensch meist da, und dann sind wir zusammen im Wohnzimmer, es ist hell und warm und gemütlich, und sie machen den Fernseher an. Manchmal allerdings verbreiten sie auch noch fürchterlich viel Unruhe, rennen im Haus rum und machen irgendwas in der Küche oder sitzen oben in ihren Büros. Das nehme ich aber nur eine gewisse Zeit hin - wenn mir das zu lange dauert, dann komme ich nachsehen und treibe meine Herde irgendwann nach unten. (Da funktioniert das mit dem zarten Hackenbiss tatsächlich sehr gut.) Wenn wir dann alle im Wohnzimmer sind, wärmt mir der Außer-Haus-Mensch meinen Lieblingsplatz auf dem Sofa vor, ich  muss dann nur noch kommen, mit meinen Pfoten ein bisschen in ihre Seite treteln, und dann kann ich so richtig schön mit erhöhtem Kopf auf dem Kissen liegen.


Oder ich gehe zum Büromenschen auf den Sessel. Da ist zwar nur ganz wenig Platz, aber Katzen sind ja flüssig und passen überall rein. Da ist es auch sehr kuschlig, und ich bekomme sehr schön ausdauernd meinen Bart gekrault. Zwischendurch muss ich aber natürlich im Auge behalten, ob sich die beiden dreisten Typen aus der Nachbarschaft auf meiner Terrasse breitmachen. Moby hat da ja überhaupt keine Hemmungen. Der liegt total selbstverständlich auf dem Hocker, als wäre das sein Platz, das regt mich ja so auf. Oder er glotzt durch die Klappe rein, das ist noch schlimmer. Gestern hat er mit den Pfoten drauf rumgetrommelt! Was bildet der sich überhaupt ein, dass er auch noch in mein Haus darf oder was? Der Büromensch sagt aber, dass die Klappe nur für mich gemacht ist und für keine andere Katze aufgeht. Was für ein Glück. Wobei, mit Timmy würde ich vielleicht schon mal spielen wollen ... und vielleicht würde der sich ja auch lecken lassen? Das fehlt mir nämlich doch ein bisschen, seit Sherlock nicht mehr da ist - ein Kumpel zum Lecken und In-den-Nacken-beißen ..."