23. Juni 2020

Schlafzimmersperrgebiet


"Duuuu, Sherlock?"
Ja, kleiner Loki?
"Weißt du was? Das Schlafzimmersperrgebiet ist aufgehoben! Du weißt doch, die Schlafzimmertür ist nachts immer zu, und ich soll da nicht rein ..."
Du schläfst aber doch sowieso unten im Wohnzimmer.
"Ja, klar. Alte Gewohnheit. Ich musste ja früher immer gucken, ob du nach Hause kommst und vielleicht deinen Futterautomat aufmachst."
Ja, schöne Zeiten ... das mit dem Futter vermisse ich, auch wenn man als Astralkatze durchaus hin und wieder virtuell was jagen kann ...
"Jedenfalls penne ich sowieso meistens, wenn die Menschen schlafen, es ist ja nichts los im Haus. Den Fernseher machen sie aus, auch wenn es da vielleicht noch einen schönen Tierfilm gäbe oder Fußball ... ich guck so gerne Fußball ..."
Die Menschen doch auch.
"Gääähn ... hier schläft es sich toll!"
"Ja, aber deren Verein steigt gerade ab, was immer das heißen soll, sie sind jedenfalls nicht mehr so gut gelaunt dabei. Mir ist das eigentlich egal, ich mag das nur wegen der schnell rennenden kleinen Männchen, die sehen so jagdbar aus ... Was ich sagen wollte: Wenn die Menschen ins Bett gehen, dann leg ich mich auch aufs Sofa oder auf meinen Sessel, und erst, wenn es hell wird, streife ich wieder durchs Haus. Ich guck vielleicht mal aus der Klappe - obwohl ich ja weiß, dass die erst aufgeht, wenn ich gefrühstückt habe."
Stimmt das auch wirklich? Die alte konnte man austricksen, weißt du doch.
"Ach, da habe ich gar keinen Ehrgeiz. Die Kleinsäuger sind ein paar Stunden später auch noch da, und dann ist es viel schöner und wärmer draußen. Aber vor drei Tagen, da bin ich nach Sonnenaufgang mal ins Obergeschoss, und die Tür zum Schlafzimmer stand offen! Sperrangelweit! Da bin ich natürlich erst mal kurz ins Bett, habe mich an den Büromensch gekuschelt, so Rücken an Rücken, und geschnurrt und geschnurrt, das war richtig schön."
Oha.
"Ja, und sie haben mich gelobt und gesagt, dass ich ein ganz feiner Kater bin, weil ich sie trotzdem bis halb sieben habe schlafen lassen."
Das war aber großzügig von dir. Obwohl du Hunger hattest?
"Obwohl ich Hunger hatte. Aber ich war so perplex ... Ich habe mich draußen auf den Sessel gesetzt wie sonst auch, wenn die Tür zu ist, und habe gewartet, bis sie aufstehen. Da habe ich aber auch sofort was bekommen, noch bevor sie unter die Dusche sind. Das finde ich ja immer am fiesesten - wenn sie aufstehen und sich dann noch eine Ewigkeit im Bad aufhalten, bevor ich was kriege!"
Dann versuch mal, dich weiter gut zu führen, kleiner Loki. Im Bett schlafen ist doch das Schönste - das hatte ich bei meinen ersten Menschen, als kleiner Kater, und wollte eigentlich bei unseren auch gerade damit anfangen, als ... naja, weißt du ja.
"Ich finde das auch toll. Ich habe sogar ein eigenes Kissen in der Mitte, wie unten auf dem Sofa - ich finde, wenn man mit dem Kopf auf einem Kissen liegt, schläft es sich noch mal so gut."
"Wenn ich niemanden sehe, sieht auch mich keiner!"
Manchmal glaube ich, du hast dich fast ein bisschen zu sehr an menschliches Leben gewöhnt. Demnächst isst du noch vom Tisch.
"Würde ich ja, wenn sie mich ließen! Wieso sind Menschen eigentlich immer so eigen mit ihrem Futter, Sherlock?"
Die werden eben nicht gern beklaut - das kann ich auch gut nachfühlen! Isso, kleiner Loki.
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Inzwischen hat sich das mit der guten Führung ein wenig relativiert - wegen des heißen Wetters lassen wir die Schlafzimmertür im Moment tatsächlich gern weit offen, und nach zwei Tagen, in denen Loki sich nicht weiter für seine schlafenden Menschen interessiert hat, ist er heute Morgen um viertel vor sechs dann doch der Versuchung erlegen, mal zu gucken, ob man die Dosenöffner durch exzessives Treteln mit ausgefahrenen Krallen als Geräuschverstärker und durch Kampfschnurren nicht doch schon zum Aufstehen bewegen kann. Schauen wir mal, wie sich das weiter entwickelt ...