20. September 2019

Ein neuer Anfang

"Du meinst, du hast hier seit zwei Monaten nichts mehr aufgeschrieben?
Und die Leute wissen gar nicht, was ich alles erlebt habe?"
Jetzt ist es zwei Monate her, dass wir beim Schleichteam nur noch zu dritt sind. So sehr wir unseren großen Grauen immer noch vermissen, stellt sich doch allmählich eine neue Routine für unser Zusammenleben ein. Loki hat eine Weile gebraucht, um zu verstehen, dass abends keiner mehr durch die Katzenklappe reinschwuppt und zu seinem Fressnapf trabt, und er hat vor allem draußen immer wieder zu dem Korb mit dem Anmachholz hochgeblickt, in dem sich Sherlock so gern eingerollt hatte.
"Gibt's ja gar nicht.
Jetzt schreib aber mal wieder!"
Tatsächlich aber wird Sherlock vor allem von Moby vermisst. Offenbar hatten die beiden grauen Herrn einen besseren Draht zueinander, als wir vermutet hatten.

Das Schleichteam wächst jetzt auf andere Weise zusammen. Loki ist sehr viel schmusiger geworden und sucht intensiver unsere Nähe; da er keinen Katzenkumpel mehr zum Ablecken und Bespielen hat, müssen wir verstärkt einspringen, was wir natürlich auch gern tun. Die nächtliche Ausgangssperre, die für Loki ja immer schon galt, bringt ein wenig mehr Struktur und Ruhe in die Abende - ab dem Abendessen ist die Klappe zu, und Loki findet das in der Regel völlig unproblematisch. Natürlich sind wir trotzdem immer in Sorge, dass Loki an der Bundesstraße etwas passiert, an der Sherlock verunglückt ist, aber wir hoffen darauf, dass er sich an den tagsüber viel befahrenen Verkehrsweg gar nicht so heranwagt, und dass er mit dem vielen weißen Fell auch besser zu sehen ist.

Sherlock war, wie wir inzwischen von etwas weiter entfernt wohnenden Nachbarn erfahren haben, offenbar wirklich ausgesprochen furchtlos - er hat sich sogar in Hundezwinger gewagt und ist dort einmal wohl nur durch einen heroischen Zwei-Meter-Sprung über einen Zaun mit dem Leben davongekommen. Vor Autos hatte er auch viel zu wenig Angst. Loki hingegen flüchtet draußen vor Hunden, fremden Menschen, den meisten anderen Katzen und allem, was Lärm macht oder sich schnell bewegt. Vielleicht führt das aber dazu, dass er seine sieben Leben nicht ganz so unbedacht aufs Spiel setzt.

Auch sonst waren die letzten zwei Monate für Loki nicht einfach. Seine Menschen waren kurz in Urlaub, hatten ihn allerdings in der Obhut der halben Nachbarschaft zurückgelassen, die sich ausgiebig um ihn gekümmert und ihn auch bespielt und gekrault hat, damit er sich nicht ganz so allein fühlen musste. Das hat gut funktioniert, obwohl vorher prompt die schöne zeitschaltuhrgesteuerte Katzenklappe ihren Geist aufgab, sodass das uralte, noch per Hand zu bedienende Modell wieder her musste, das unsere Nachbarn dann netterweise morgens auf- und abends wieder zugemacht haben, damit unser Kleiner nachts nicht verloren geht.

Wir waren dann gerade ein paar Tage wieder da, als Loki krank wurde - Durchfall, Übelkeit, Appetitlosigkeit, immer das größte Alarmzeichen bei unserem kleinen Krawallo, der normalerweise nichts so sehr liebt wie Fressen. Wie sich herausstellte, hatte er eine Bauchspeicheldrüsenentzündung und gleich auch noch eine Darmentzündung, was dazu führte, dass wir eine Woche lang jeden Tag mit ihm zum Tierarzt mussten, damit er die nötigen Spritzen bekam. Folter für ihn, der ja nichts so hasst wie die Transportbox.

So muss das aussehen, wenn Mensch und Katze glücklich sind:
Ein blankgeputzter Nassfutter-Teller, und Loki mit der Nase tief
in der Schüssel mit dem Trockenfutter ...
Inzwischen hat er sich wieder einigermaßen erholt. Zwar ist er beim Fressen noch nicht ganz wieder der Alte, aber er geht wieder mit Vergnügen nach draußen, jagt nach Fingern und Füßen seiner Menschen, hat Lust auf das Spielen mit Rasselbällen oder Federangeln und kuschelt schnurrend auf dem Sofa. Der Büromensch mit seiner Hubschraubermentalität beobachtet immer noch mit Argusaugen, ob sich nicht doch noch ein Rückfall ankündigt, und bricht bei jedem liegengelassenen Stück Trockenfutter in Schweiß aus. Aber da muss er durch.

Trotzdem hoffen wir jetzt, dass es bald wieder neue lustige Geschichten von unserem Krawallo zu erzählen gibt. Bei allen Schwierigkeiten hatten wir auch in den letzten Wochen viele schöne Momente. Und ein Schleichteam sind wir immer noch - auch wenn die Vierbeiner aus dem Off inzwischen in der Überzahl sind ...